Gibt es nicht genügend Arbeitskräfte, um die verfügbaren Stellen zu besetzen, hat dies negative Auswirkungen auf die Produktivität, die Kundenzufriedenheit und den zeitnahen Zugang zu Dienstleistungen. So heißt es in einem Bericht der EU-Agentur Eurofound vom September 2024 mit dem Titel „Praktiken der Unternehmen zur Bekämpfung des Arbeitskräftemangels“.
In vielen Mitgliedstaaten der EU haben Arbeitgeber mit Fachkräftemangel zu kämpfen, da eine große Anzahl älterer Arbeitnehmer in den Ruhestand geht und neue digitale und grüne Kompetenzen erforderlich sind. Weitere Faktoren sind dem Bericht zufolge minderwertige Arbeitsplätze und einige der Strategien zur Anwerbung von Arbeitskräften, um die Stellen zu besetzen.
Im ersten von zwei Artikeln, in denen die Ergebnisse des Berichts untersucht werden, werden drei Ansätze vorgestellt, wie Unternehmen ihre Attraktivität für die von ihnen benötigten Arbeitnehmer aus der EU steigern können.
Gehalt, Zusatzleistungen und flexible Arbeitsmöglichkeiten
- Als es einem kroatischen Hotel nach der COVID-19-Pandemie schwerfiel, Personal zu finden, das die Sehenswürdigkeiten vor Ort kennt und Kunden effektiv in Sprachen wie Kroatisch, Deutsch und Italienisch bedienen kann, erhöhte es die Löhne, Mehrarbeitsvergütungen und Bonuszahlungen, half bei den Wohnkosten und bot flexible Arbeitsmöglichkeiten an. So konnte das bestehende Personal gehalten und Auszubildende und Beschäftigte mit Betreuungsaufgaben gewonnen werden. Ein Kapazitätsabbau war nicht erforderlich. Das Hotel plant, die Schulungs- und Bonussysteme zu überarbeiten, um den künftigen Anforderungen an digitale und grüne Kompetenzen gerecht zu werden.
- Der französische Baustoffkonzern Saint-Gobain erhöhte die Gehälter für neu eingestellte Arbeitnehmer bei seiner rumänischen Tochtergesellschaft für Gipskartonplatten, da die Nachfrage stieg. Bereits beschäftigte Arbeitnehmer erhalten nunmehr Empfehlungsprämien. Zudem bietet das Unternehmen Vergünstigungen wie kostenlose Busfahrten, private Krankenversicherungen, Lebensversicherungen, Mitgliedschaften im Fitnessstudio und regelmäßige gesellschaftliche Veranstaltungen an. Es kamen auch aus weiter entfernten Gebieten neue Beschäftigte hinzu, jedoch führen die alternde Belegschaft und die hohe Fluktuation dazu, dass das Unternehmen nun versucht, Arbeitskräfte aus Drittländern einzustellen.
Gezielte Strategien zur Anwerbung von Personal
- Da der Arbeitsmarkt hart umkämpft ist, hat das internationale Marktforschungsunternehmen Ipsos seine Strategien zur Anwerbung von Personal für sein Büro in Prag auf Hochschulabsolventen ausgerichtet. Ipsos ist sich bewusst, dass viele neue Mitarbeiter eine Familie gründen möchten, und bietet deshalb eine betriebliche Kindertagesstätte für jüngere Kinder sowie die Möglichkeit an, an zwei Tagen pro Woche von zuhause aus zu arbeiten. Zudem werden Schulungen, Mitgliedschaften im Fitnessstudio und Firmenwagen angeboten. Es kann nun viel neues Personal eingestellt werden, und die Fluktuationsrate ist niedrig.
- Einem spanischen Bauunternehmen fiel es schwer, in Zeiten des akuten Fachkräftemangels und des Aufschwungs nach der Pandemie technisches Fachpersonal einzustellen, insbesondere Fachkräfte mit Erfahrung im Tunnelbau. Nach Rücksprache mit den Gewerkschaften stellte das Unternehmen fünf Tunnelbauspezialisten aus Peru ein und übernahm im Rahmen befristeter Arbeitsverträge die Reisekosten, die Unterbringung und die Schulung vor Ort. Zudem wurden die Flexibilität in Bezug auf die Arbeitszeit und die Elternzeitregelungen verbessert, um Frauen und Eltern allgemein für das Unternehmen zu gewinnen. Es bestehen jedoch nach wie vor Engpässe in dem Sektor.
Flexible und verringerte Arbeitszeiten
- Der in Ungarn ansässige Anbieter von KI-Chatbots Talk-A-Bot hatte Schwierigkeiten, sowohl Entwickler als auch Fachkräfte für den Vertrieb zu finden, da seine Dienste immer komplexer werden. Dem Unternehmen ist es trotz des Fachkräftemangels vor Ort gelungen, Fachkräfte im IT-Bereich einzustellen, da es bekannt ist und seit der Pandemie flexible und ortsunabhängige Arbeitszeiten anbietet – bis zu drei Tage pro Woche. Ein Fünftel (22 %) des Personals sind Frauen, und es wird daran gearbeitet, mit dem Vorurteil aufzuräumen, dass IT ein Bereich für junge Menschen ist. Das Unternehmen setzt Fachkräfte für die Personalbeschaffung sowie ein Empfehlungsprogramm ein, um Personal zu finden und an sich zu binden.
- Das österreichische Online-Marketing-Unternehmen eMagnetix hatte Schwierigkeiten bei der Personalbeschaffung und verlor potenzielle Kunden. Deshalb beschloss es, die 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich einzuführen. In Vorbereitung darauf wurde geprüft, mit welchem Zeitaufwand die einzelnen Aufgaben verbunden waren, und es wurden Arbeitsphasen geschaffen, in denen ununterbrochen konzentriert gearbeitet werden konnte, während andere Prozesse automatisiert wurden. Das Personal ist an einem Tag in der Woche für einen Kernarbeitstag im Büro und arbeitet drei Kernarbeitsstunden pro Tag, wobei die übrigen Stunden flexibel gestaltet werden können. Die dadurch ausgelöste Medienberichterstattung führte dazu, dass sich mehr Stellenbewerberinnen und -bewerber meldeten und ein neuer Investor gefunden wurde, sodass das Unternehmen expandieren konnte.
Weitere Informationen finden Sie im Bericht mit dem Titel „Praktiken der Unternehmen zur Bekämpfung des Arbeitskräftemangels“.
Weiterführende Links:
Praktiken der Unternehmen zur Bekämpfung des Arbeitskräftemangels
Es gibt keinen besseren Zeitpunkt für eine Karriere in der Baubranche
EURES-Bericht über Arbeitskräftemangel und -überschüsse 2023
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Einzelheiten
- Datum der Veröffentlichung
- 6. November 2024
- Autoren
- Europäische Arbeitsbehörde | Generaldirektion Beschäftigung, Soziales und Integration
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