Kannst du dich und deine Tätigkeit als Berufsberater kurz vorstellen?
Ich habe 1983 meinen Abschluss an der University of Nottingham gemacht. Eigentlich wollte ich Erziehungspsychologe werden, hatte aber bei meinem Einstieg ins Berufsleben keine richtige Vorstellung davon, wie ich eine erfolgreiche Karriere aufbauen sollte. Nach einer Reihe von verschiedenen Positionen habe ich mich dann auf den Bereich Geschäftsentwicklung mit Schwerpunkt Geschäftspartnerschaften spezialisiert. Jetzt habe ich mein eigenes Unternehmen, das Kleinunternehmen beim Wachstum unterstützt.
Vor gut drei Jahren hat dann die Universität Kontakt zu ehemaligen Studierenden aufgenommen, weil sie ihr Unterstützungskonzept für Studierende und Absolventen verbessern wollte. In meiner Funktion als Berufsberater unterstütze ich junge Menschen zu Beginn ihres beruflichen Werdegangs. Davon profitiere ich auch selbst, indem ich ständig Neues lerne.
Wie sieht dein Unterstützungsangebot für Studierende allgemein aus?
Ich helfe den Studierenden und Absolventen dabei, ihren Übergang in die Berufswelt zu gestalten, z. B. bei der Vorbereitung auf Praktika oder Arbeitsstellen. Die Studierenden suchen sich ihren Berufsberater nach dem Hintergrund, der Erfahrung und den Fähigkeiten aus, sodass der Berater in der Lage sein sollte, ihre Situation gut nachzuvollziehen.
Ich berate sie zu Themen wie der Struktur von Vorstellungsgesprächen, Fragestrategien, welche Anforderungen Arbeitgeber haben, wie man einen Lebenslauf und ein Anschreiben verfasst, wie Meetings ablaufen und dem Jargon der Arbeitswelt. Manchmal werden sich die Studierenden im Verlauf des Gesprächs ihrer Stärken und Schwächen bewusst. Diese Erkenntnis hilft ihnen dann dabei, Stellenprofile zu finden, die zu ihnen passen.
Neben der Beratung zu eher praktischen Aspekten wie Lebensläufen und Vorstellungsgesprächen unterstützt du die Studierenden auch psychologisch. Wie muss man sich das vorstellen?
Damit steht oder fällt das Beratungsverhältnis. Es geht nicht darum, sich einfach mal kurz zu treffen und die Studierenden dann sich selbst zu überlassen. Unsere Zusammenarbeit konzentriert sich auf ein Ziel: den Studierenden auf die Arbeitswelt vorzubereiten. Dazu müssen sich beide Seiten voll einbringen. Das setzt – wie bei anderen Beziehungen auch – "voraus, dass man den Rahmen kennt und gewisse Regeln und Grenzen festlegt.
Studierende sind voller Zweifel, aber risikofreudig und wagemutig. Die meisten haben keine eigenen Standards zur Einschätzung ihrer Leistungen, sondern sind es gewohnt, sich mit ihren Kommilitonen zu vergleichen. Entscheidend ist, ihnen dabei zu helfen, sich von den Erwartungen anderer zu lösen und sich realistische Ziele zu setzen.
Meiner Erfahrung nach ist das der Eckpfeiler, um Selbstvertrauen zu schaffen. Wenn man nicht versucht, die Erwartungen anderer zu erfüllen, sondern selbst über seine Zukunft entscheidet, richtet man den Fokus auf sich selbst: Es geht um meine Pläne. Es geht um mich. Dann sucht man die Antworten auch bei sich selbst, und wenn man sie findet, ist man zuversichtlich, dass man seine Zukunft gestalten kann.
Die Studierenden können diesen Prozess selbst durchlaufen. Das tun sie auch – der Berater begleitet sie nur auf diesem Weg. Die Bereicherung für mich ist, wenn die Studierenden zu dieser Erkenntnis gelangen.
Auf der anderen Seite der Arbeitswelt stehen natürlich die Arbeitgeber. Wie kann ein Unternehmen deiner Meinung nach für junge Leute attraktiver werden?
Ein Unternehmen kann sich der Vielfalt und Inklusion verpflichten. Es kann Verantwortung für Gesellschafts- und Umweltfragen übernehmen und auf die psychische Gesundheit seiner Angestellten achten. Meine Empfehlung wären Videos mit echten Absolventen, die inzwischen geschätzte Mitarbeiter des Unternehmens sind. Darin können sie dann erzählen, wie sie ihre Herausforderungen gemeistert haben und erfolgreich in dem Unternehmen arbeiten.
Die Arbeitswelt verändert sich rasch. Wie wirkt sich das deiner Meinung nach auf die Studierenden, ihre Beschäftigungschancen und ihre Anpassungsfähigkeit aus?
Ganz ohne Erfahrung in einem Arbeitsumfeld ist es schwierig. Allerdings stellen die Arbeitgeber zunehmend fest, dass es im Zeitalter der technologischen Revolution nicht funktioniert, bei Einstellungen nur auf die Erfahrung zu schauen.
Maschinelles Lernen, künstliche Intelligenz und Automatisierung verändern die Kriterien, die bei der Besetzung von Stellen relevant sind, innerhalb kürzester Zeit. Problemlösungskompetenzen, Durchhaltevermögen und Kreativität werden am Arbeitsplatz immer wertvoller, und auch auf soziale Kompetenz wird immer stärker geachtet. Meistens arbeitet man in kleinen Teams, die versuchen, ihre Aufgaben mithilfe von Technologien bestmöglich zu erfüllen. Als Mensch wird man dann zu einem Parameter, dem die Arbeitgeber eine bestimmte Relevanz beimessen werden.
Wir müssen anpassungsfähig und lernwillig sein. Da haben Studierende eine gute Ausgangsposition, weil sie lernfähig sind und sich weiterentwickeln können. Die Studierenden müssen sich für lebenslanges Lernen begeistern und das Gelernte bei der Arbeit anwenden, damit ihr Unternehmen so flexibel wie möglich ist.
Letzte Frage: Was gefällt dir an deiner Arbeit am besten?
Wenn ich sehe, wie Leute durchstarten. Ihre Entwicklung zu beobachten ist einfach toll. Es ist beeindruckend, wie man Selbstvertrauen schaffen, Denkweisen beeinflussen und unabhängiges Denken und Kreativität fördern kann. Man kann einen entscheidenden Beitrag leisten und bekommt dafür auch etwas zurück. Ich habe zum Beispiel interessante Einblicke in verschiedene Arbeitsansätze erhalten und verstehe jetzt besser, welchen Herausforderungen junge Menschen gegenüberstehen.
Weiterführende Links:
University of Nottingham – Berufsberatung
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Einzelheiten
- Datum der Veröffentlichung
- 11. Oktober 2019
- Autoren
- Europäische Arbeitsbehörde | Generaldirektion Beschäftigung, Soziales und Integration
- Themen
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